Warum üben wir Kritik an den aktuellen Plänen der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS)?

08.08.2023

Kein Mensch flieht ohne Grund. Die Menschen setzen dabei ihr Leben aufs Spiel, denn sichere Einreisewege gibt es nicht. Vor Krieg und Verfolgung fliehende Menschen werden als illegal diffamiert. Die Unterbringung der schutzsuchenden Menschen in Haftlagern sowie die Legalisierung gewaltsamer Pushbacks[1] ist menschenverachtend.

  • Die gerechte Verteilung schutzsuchender Menschen innerhalb der EU ist grundsätzlich richtig. Die EU hat mit über 500 Millionen Einwohner*innen wesentlich mehr Möglichkeiten neu ankommende Menschen zu integrieren. Der geplante »Solidaritätsmechanismus« sieht das jedoch nicht vor. Eine verpflichtende Aufnahme von Schutzsuchenden durch alle EU-Staaten ist nicht vorgesehen. Statt fliehende Personen aufzunehmen, sollen EU-Staaten schlicht Geld an außereuropäische Drittstaaten zur Abwehr von Menschen auf der Flucht zahlen können.
  • Kinder können in Grenzverfahren kommen und damit de facto inhaftiert werden. Wenn Schutzsuchende die EU-Grenzen unregistriert überschreiten und zum Beispiel in Deutschland ankommen, wäre auch hier die Anwendung von Grenzverfahren nicht ausgeschlossen. Auch für andere vulnerable Menschen gibt es keine generellen Ausnahmen vom Grenzverfahren.
  • In Europa ankommende Schutzsuchende können in Drittstaaten abgeschoben werden, die sie nie zuvor betreten haben, nur minimalste Versorgung muss dort gewährleistet werden. So wird es EU-Staaten ermöglicht, vergleichbare Abkommen wie das zwischen England und Ruanda (das gerade von einem Gericht gekippt wurde) zu schließen, um sich aus dem Schutz für Geflüchtete zu ziehen.
  • Die mörderische Praxis der Pushbacks wird voraussichtlich zunehmen, denn die Verantwortung für die ankommenden Schutzsuchenden bleibt bei den EU-Grenzstaaten. Über die Krisenverordnung inklusive Instrumentalisierung wird im September weiterverhandelt². Eine Bewilligung dieser bedeutet, dass der Zugang zu einem Asylverfahren ausgehebelt werden kann und Pushbacks als präventiver Grenzschutz legitimiert werden.

Wir sind mit unseren Forderungen nicht allein. In einem offenen Brief kritisierten über 700  Anwält*innen die anstehende Reform als weitreichendste Einschränkung und Aushöhlung des Asylrechts seit Jahrzehnten³. Die Heinrich Böll Stiftung warnt vor einer faktischen Abschaffung des Asylrechts4.

 

Setzen Sie sich mit uns für diese Forderungen ein:

zum Beispiel am Freitag 11.08.23 um 13.00 Uhr am Rotebühlplatz (vor dem Wilhelmsbau) in Stuttgart

  • Faire Asylverfahren mit effektivem Rechtsschutz. 
  • Faire Verteilmechanismen und echte Solidarität innerhalb der EU. 
  • Keine Haftlager für schutzsuchende Menschen 
  • Der Schutz der geflüchteten Menschen darf nicht an Drittstaaten ausgelagert werden.

 #keinMenschistunsegal

 

1  Pushbacks sind staatliche Maßnahmen, bei denen flüchtende und migrierende Menschen – meist unmittelbar nach Grenzübertritt – zurückgeschoben werden, ohne die Möglichkeit einen Asylantrag zu stellen oder deren Rechtmäßigkeit gerichtlich überprüfen zu lassen. Pushbacks verstoßen u.a. gegen das Verbot der Kollektivausweisung, das in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben ist. https://www.ecchr.eu/glossar/push-back/

2  https://www.proasyl.de/news/es-wird-noch-schlimmer-jetzt-koennte-die-instrumentalisierungsverordnung-doch-kommen/

3  https://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/das-recht-auf-schutz-darf-nicht-abgeschafft-werden-949

4  https://heimatkunde.boell.de/de/2023/06/08/das-drohende-ende-des-fluechtlingsschutzes- europa-die-geas-reform-und-ihre-folgen